Dienstag, 6. Januar 2009

Eine schwierige Nachsuche

Bild: Der Autor am 25. September 1953

Früher war es untersagt, Jagdhunde auf die Hochjagd mitzunehmen. Meistens war ja auch das Gelände nicht gerade dazu angetan, den doch recht kleinen Vierbeinern die nötige Voraussetzung zu bieten. Eine lange Nachsuche bei einer angeschossenen Gämse war dann jedenfalls zeitweise massgebend für obrigkeitliches Umdenken.

Eines schönen Tages, besser gesagt am 23. September 1953, war ich wieder einmal den Steinböcken nachgestiegen und kam gerade vom Tannhorn her zu den Alphütten im Salibühl. Schon von weitem sah ich Rauch aus einem kleinen Kamin steigen und wunderte mich, wer hier wohl hausen könnte. Vieh war nämlich keines mehr hier oben. Die Rucksäcke mit den daran angelehnen Gämsstutzen lehrten mich aber blad einmal, dass sich wohl einige Hochwildjäger die Zeit bei einem fröhlichen Umtrunk um die Ohren schlugen. Bei meinem Eintreten, noch geblendet von der Helle draussen, sah ich zuerst ausser bissigem Rauch gar nichts. Die laute Unterhaltung verstummte dann bei meinem üblichen Gruss.

"Lueg da, dr Steiböckler", tönte es aus einer Ecke, und der Stimme nach wusste ich sofort, dass es ein mir bekannter Wirt aus Bern war. Zudem hatte sich hier wohl der halbe Jagdverein Brienz versammelt, dem auch die Jäger aus der Stadt Bern angehörten. Darunter ein hoher Beamter, der in dieser Geschichte eine wesentliche Rolle spielen sollte.

Ungezwungen, wie es in den Bergen halt so üblich ist, hiess man mich setzen und mithalten. Das war mir alles andere als zuwider. Nach einem interessierten Woher und Wohin teilte ich den Umsitzenden mit, noch eine Nacht im Berg bleiben zu wollen. Hier, auf der Rotschalp oder gar unten im Wirtschäftli von Planalp.

Ob es mir etwas ausmache, bei ihm zu bleiben, sprach mich der bereits genannte Beamte an. Alle andern wollten nämlich noch gleichentags die Jagdgründe verlassen. Er selber habe nicht weit weg einen starken Gämsbock gesehen, und weil er diesen noch zugute habe, wolle er noch bleiben, um am frühen Morgen das Glück zu versuchen. Warum nicht, mir war das gleich. Wir waren schon früher zusammen im Berg und deshalb wusste ich auch, dass er einen schwachen Rücken hatte. Das ist bei der Bergung eines Wildes nicht gerade von Vorteil.

Noch vor dem ersten Büchsenlicht waren wir in den Gräben unterhalb auf Ansitz und plangten dem Auftauchen des Gesuchten entgegen. Als die Sonne anfing, die regungslosen Rücken der Lauernden zu wärmen, nahmen unsere an Wild gewöhnten Augen jenseits des Grabens eine Bewegung wahr. Und dann trat er heraus aus den verhedderten Bergföhren und Stauden, die ihm kaum zum Rist reichten, aber doch etwas verdeckten. Der Prachtsbock hatte dermassen stark aufgesetzt (hohe Krickel), dass ich sofort in seinen Bann gezogen wurde. Nicht zuletzt deswegen wünschte ich, er würde ohne mein Dazutun abhauen. Leider ging mich das aber nichts an, und ich durfte mir auch nicht anmassen, die Jagd zu stören.

Die Feststellung, dass er nur einige hundert Meter weiter hinten im eidgenössischen Bannbezirk Augstmatthorn gestanden hätte, konnten ihm und meinen Gefühlen nun nicht mehr viel helfen. Ein starker Aufwind hinderte zudem den Todgeweihten, unsere Witterung aufzunehmen. Er stand ziemlich genau auf gleicher Höhe zu uns und auf guter Schussdistanz. Irgend etwas schien ihn weiter oben zu interessieren. Bewegungslos stand er nun schon seit Minuten dort, ohne auch nur einmal den Kopf zu wenden. Nichtäsende Gämsen sind sonst meistens sehr aufmerksam, und nur selten entgeht ihnen eine Bewegung im Berg. Offenbar hatten wir es bei unserem Burschen mit einem so genannten Grabenbock aus dem nahen Schutzgebiet zu tun, dem noch nie ernsthaft nachgestellt worden war. Möglicherweise war er auch auf einer Brautvorschau, denn nur wenige Wochen später würde ja die Brunft einsetzen.

Ich beobachtete den Jäger ebenso gespannt wie das Wild dort drüben. Fast konnte man sehen, wie des Weidmanns Hirn arbeitete. Soll ich oder soll ich nicht? Die Tatsache, dass der Bock noch nicht in seiner Ganzheit zu sehen war, hinderte den Schützen, voreilig den rechten Zeigefinger zu krümmen. Aber dann hat sich die Frage zu Ungunsten des Bockes entschieden. Der satte, harte Knall liess an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Der Getroffene zeichnete sofort, blieb aber zu unserem Schrecken nicht auf der Strecke. Eine absetzende Bewegung weiter hinten bewies es. "Stärnesiech", zischte es gepresst aus des Schützen Lippen und ich konnte ihm eigentlich nur beipflichten. Für mich war es schon seit jeher ein Gräuel, bei waidwund geschossenem Wild dabei zu sein. Aber hier mussten wir uns der Tatsache beugen, den Bock nur verletzt zu haben. Wie schwer, war vorderhand nicht abzusehen. Sofort nachsteigen um uns zu vergewissern, konnten wir auch nicht. Ein ungeschriebenes Gesetz verlangt vom Jäger, das angeschossene Wild während einer halben bis zu einer Stunde in Ruhe zu lassen, damit es ungestört und nicht noch mehr verängstigt seine Seele im Wundbett aushauchen kann.

Mir war nicht gerade wohl zumute und es war auch unübersehbar, wie es meinem Beamten mehr als leid tat. Die Minuten wollten nicht verstreichen. Keiner sprach ein Wort, und im Geiste sah ich schon die fast unbegehbaren Gräben vor mir, eine Nachsuche sehr erschwerend. Die weidmännische Ehre verlangt aber vom Schützen, verletzte Tiere in jeder Situation auszumachen und eine saubere Lösung herbeizuführen, so oder so.

Dann war es aber so weit, bereits war Mittag vorbei. Ich hetzte als Erster los, wollte endlich Gewissheit haben. Beim Anschuss entdeckte ich an den Gräsern etwas Schweiss (Blut), hellrot mit kleinen Bläschen. Also Lungenschuss, das bewies der Lebenssaft des armen Bockes. Und was das heisst, wussten wir beide. Der Verwundete konnte sich noch sehr weit vorwärts bewegen, und es würde uns eine harte Prüfung bevorstehen. Nach einer Stunde waren wir kaum hundert Meter vorangekommen, weil die spärlichen Blutstropfen nur sehr schwer gesehen werden konnten.

Die ersten Gräben kamen, und der Jäger war heilfroh, als ich ihm offerierte, allein weiter zu gehen. Himmel, war das ein Krampf! Es war nun schon Nachmittag, und ich war immer noch auf Rufweite zum Zurückgeblienen. Auf der richtigen Fährte war ich zwar. Die roten Flecken, auf die sich meine ganze Aufmerksamkeit richteten, wiesen mir den Weg. Einmal kam ich zu einer Stelle, wo sich der Angeschossene niedergelassen hatte. Verdrückte Gräser und eine kleinere Blutlache bewiesen es. Offenbar hatte ich ihn gestört, und mit letzter Kraft musste er sich weiter geschleppt haben. Das konnte nicht lange vorher gewesen sein, die Blutspur war noch warm. Ehrlich, mir war fast zum Heulen. Aber was sollte ich auch? Ich musste ihn finden und dann den Weidmann holen, damit ein Fangschuss angebracht werden konnte.

Wieder war eine gute Stunde verstrichen, und ich war immer noch nicht sehr viel weiter. Zudem musste ich höllisch aufpbassen, nicht etwa auszurutschen. Mir wäre es nicht besser als dem Bock ergangen. Manchmal nur an Gräsern haltend, setzte ich Schuh vor Schuh, leise, um den Verwundeten nicht noch mehr zu beunruhigen und weiter zu treiben.

Nur wer die Ebliggräben kennt, kann sich ein Bild meiner Situtation machen. Aber die Sorge gab mir doppelte Kraft, verlieh mir aber keine Flügel. Es schien, die Plagerei würde keine Ende nehmen. Aber aufgeben wollte, durfte ich nicht. Möglich, ein berggewohnter Einheimischer hätte es besser geschafft.

Dann endlich, ich weiss nicht mehr nach wie viel Zeit, sah ich ihn. Etwa zehn Meter unter mir lag er auf dem Rücken, nach einem Sturz von einer Tanne aufgehalten. Mit dem Fernglas konnte ich die gebrochenen Augen wahrnehmen, und ich war froh darüber.

Schnell markierte ich einige Stellen, um den Rückweg nach Abholung des Schützen leichter zu finden. Aber es ging lange, sehr lange, bis wir beide wieder bei unserem Gefallenen waren. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit wurde mir bewusst, dass es unmöglich sein würde, das Jagdgut noch bei Tageslicht herauszuschaffen. Auch ausgeweidet war der Prachtskerl noch immer um die dreissig Kilo. Und auf die Hilfe des Jägers konnte ich nicht gross hoffen. Hinabsteigen, was eigentlich logisch erscheinen sollte, konnten wir auf keinen Fall. Nicht einmal mit Seilen hätte ich mich darauf eingelassen, aber solche hatten wir sowieso nicht dabei. Also noch einmal auf dem gleichen Weg zurück, diesmal mit der zusätzlichen Last auf meinem Buckel. Es graust mich noch heute, und ich habe wohl die halbe Lunge ausgekotzt.

Schon bald einmal zeigte sich, dass wir es bei guter Sicht nicht mehr schaffen würden, die unwegsame Gegend zu verlassen. Zudem drohte ich schlappzumchen. Wir entschlossen uns deshalb, das Tier möglichst hoch an einen Ast zu hängen, um ohne Last besser vorwärts zu kommen. Das hiess aber dann, eine weitere Nacht in einer Hütte zu übernachten.

Viel gesprochen haben wir dort nicht. Das Erlebte belastete uns, und wir konnten uns fast nich davon lösen. Es dünkte mich, der Wildschütz würde sich vor mir schämen. Er, der sich immer rühmte, bei keiner Gämse zwei Kugeln brauchen zu müssen. Gut, diesmal hat er auch nur eine begraucht, aber nicht so, wie er gerne gewollt hätte.

Den Krampf am andern Morgen kann sich jeder leicht vorstellen. Zudem hatte es über Nacht noch angefangen zu nieseln, und Nebelschwaden sind aufgzogen. Und dann der Kater in den Waden und im Hirn! Wir hatten vor lauter Elend wohl etwas zu tief in die Gläser geschaut.

Aber einmal war es dann so weit. Der gemarkte Bock (Anbringen einer Ohrmarke) war vor der Hütte. Gleich darauf machten wir uns auf zum Abstieg. Diesmal auf einem guten, aber auch steilen Weg hinunter nach Ebligen. Dort gab es bei Fuchs Vreni im "Hirtschen" ein gutes Essen, das mir selbstredend offeriert wurde. Mit der Bemerkung übrigens, ohne mich hätte er es nie und nimmer geschafft. Und das habe ich ihm geglaubt.

Wir sind dann noch gleichentags in Brienz auf die Nachsuche im Gebirge zu sprechen gekommen, und irgend jemand erwähnte auch den Einsatz von Hunden, die zu dieser Zeit nicht mitgenommen werden durften.

Der Beamte mit seinem grossen Einfluss bei den Behörden in Bern hat es dann dem Vernehmen nach auch geschafft, und fürderhin durfte er seinen schönen Langhaardackel Ajax mitnehmen. Ob es ihm etwas genützt hat, weiss ich nicht. Es bleibt vielmehr zu hoffen, er habe nur noch Blattschüsse angebracht, wie es das Wild verdient.









Freitag, 2. Januar 2009

Katze warnt vor Schlange



Bild links: mein Zuhause am Rio Negro im Amazonas-Gebiet.

Bild rechts: "Buschmeister", hochgiftige Schlange.



Es ist anfangs der Neunzigerjahre des vorangegangenen Jahrhunderts. Im Amazonas-Gebiet hat der Frühling begonnen, und die Flora erblüht in einer Pracht, wie sie nur in einem subtropischen Gebiet gefunden werden kann.

Vom Dreiländereck (Argentinien-Brasilien-Paraguay) Iguaçu herkommend, bin ich nach langem Flug in der Urwaldstadt Manaus gelandet. Dort nehme ich vorerst Quartier im prächtigen Hotel "Tropical", das mit seinen unzähligen Springbrunnen - sogar in den Korridors - zu einem der schönsten dieser Art gehört. Sogar ein eigener Zoo mit vielen Tieren aus der Amazonasgegend ist dem Prachtsbau angegliedert.

An einem frühen Morgen schiffe ich mich auf einem Bananenboot ein, und alsbald tuckern wir den Rio Negro hinauf, ungewissen Abenteuern entgegen. Die Zivilisation ist längst hinter uns, als es heisst, in kleinere Boote umzusteigen, damit man auf den engen Nebenarmen und zwischen den riesigen Baumstämmen der überfluteten Regewälder ungehindert vorankommt.

Ich probiere gerade eine kleine Gruppe buntfarbiger Papageien zu filmen, als plötzlich das Wasser hoch aufspritzt und die Mitfahrer richtiggehend duscht. Während die einheimischen Bootsführer schelmisch lächeln, schauen die Touristen erschrocken einem meterlangen Alligator nach, der sich von einem tief hängenden Ast ins Wasser hat plumpsen lassen.

Nach weiteren ähnlichen Vorkommnissen erreichen wir nach langer Reise das "Amazon Village". Dieses besteht aus 14 strohbedeckten kleinen Bungalows und einer Bar mit Küche. Wohlverstanden, das mitten im tropischen Urwald.

Der Oberjehu händigt mir den Schlüssel für das Hüttchen Nr. 9 aus, und erwartungsvoll mache ich mich auf die Suche, vollgepackt mit den üblichen Utensilien. Unterwegs bestaune ich die bunte Vogelwelt und stelle zwischendurch fest, dass in dieser einsamen Gegend offenbar auch Hauskatzen gehalten werden. Mindestens ein halbes Dutzeend hellgrauer Tigerli begegnen mir.

Mein Zuhause finde ich bald einmal, und überwältigt von den neuen Eindrücken setze ich mich erst einmal auf die Holztreppe, die zu einer kleinen Vorlaube führt. Schon flattert es, und gebannt verfolge ich, wie ein prächtiger grüner Papagei mit rotem Häubchen sich auf einem der Stützbalken der Hütte niederlässt. Lauthals fängt er plötzlich an zu krächzen und schlägt heftig mit den Flügeln. Dabei bemerke ich den Störenfried auch, wobei ich ein leises Lächeln nicht unterdrücken kann. Was mir eitel Freude bereitet, scheint den bunten Vogel aber mächtig aufzuregen.

Einer rotgelben Eidechse nachjagend, rast ein junges Tigerli den Weg in meine Richtung hinunter, und stellt dann verblüfft fest, dass das flinke Echslein unauffindbar im dichten Laub verschwunden ist. Aber nun errege ich Büsis Aufmerksamkeit. Den Schwanz bolzengerade aufgestellt, kommt es mir schnurrend entgegen. Ganz offensichtlich ist es an fremde Menschen gewöhnt und erfhofft sich sicher noch etwas Essbares. Mir kommt ein kleines Büchslein Sardinen in den Sinn, und bald einmal kann sich meine neue Freundin daran gütlich tun. Nach dem obligaten Maulschlecken fällt mir auf, wie aufmerksam die kleine Jägerin ist. Offenbar ist sie von ihrer Mutter schon recht gut in das Beutefangen eingeführt worden.

Unverhofft macht sie einen Riesenbuckel und fängt an zu fauchen. Interessiert schaue ich in die gleiche Richtung und werde dabei sicher ein wenig bleich. Unter der Laube entdecke nämlich auch ich eine gut zwei Meter lange Schlange, die dort zusammengerollt liegt und bereits nervös züngelt.

Ein grosser Bogen um das Reptil schlagend, mache ich mich auf zur Bar, um das Gesehene einem Koch zu erzählen. Im Nachhinein bin ich aber reuig, denn der zaudert nicht lange und schlägt der unbeliebten Anwohnerin kurzerhand und geschickt mit einem grossen Buschmesser den Kopf ab. Dabei gibt mir der sprachbegabte Kochkünstler zu verstehen, dieses Biest sei hochgiftig und sei hier eigentlich eher selten.

Seine Aussagen bestätigen sich beim Nachschlagen in einem Erkennungsbuch, das ich bei solchen Exkursionen immer bei mir trage. Auf Deutsch heisst sie "Buschmeiser", und ist wirklich sehr gefährlich. Von der Grösse her hat sie überlange Giftzähne, die bei einem Biss tief in die Muskeln hineinfahren, wo der todbringende Saft nicht mehr abgesaugt werden kann und sich langsam im ganzen Körper verteilt, was in der Regel zum Tod führt.

Am Abend nach einem reichhaltigen Buffet machen sich die anwesenden Gäste untereinander erst so richtig bekannt. Dabei werden zwei junge deutsche Ärztinnen aus Ulm etwas käsig, als ich von dem kürzlichen Zusammentreffen mit der Schlange erzähle. Auch andere spitzen die Ohren und fragen sich möglichrweise, ob sie auch wirklich am richtigen Ort wären. Dessen ungeachtet sitzt man aber bis weit in die Nacht hinein an der Open-air-Bar und plant kommende Taten für den nächsten Tag.

Aber so gegen Mitternacht erhebt sich auch der Letzte und geht mit einer Taschenlampe, die jedem Gast mangels Elektrizität ausgehändigt worden ist, auf die Suche nach seinem Gelieger.

Und wer sitzt da bei meinem Eintreffen schon vor der Tür? Richtig, mein Tigerli. Irgendwie habe ich schon während der Grill-Party gehofft, der Kleinen nochmals zu begegnen. In weiser Voraussicht habe ich etwas vom Bratgut in eine Papierserviette verpackt und mitgenommen. Als ob sie das wisse, stellt sie sich an meinen Hosenbeinen hoch und fängt richtiggehend an zu betteln. Vielleicht sticht ihr auch der verführerische Duft in die Nase.

Die Tür knarrt etwas, als ich in die "gute Stube" eintrete und feststellen muss, dass das flinke Geschöpf zwischen meinen Beinen hindurch den Raum schon vor mir betreten hat.

Zufrieden über den ganzen Tag zünde ich eine Kerze an, verschwinde zwecks Körperpflege in einen anderen Raum und staune über den relativ grossen Konfort.

Bei meiner Rückkehr sitzt die Katze auf meinem Bett und macht keine Anstalten, mein Logis in nächster Zeit verlassen zu wollen. Währenddem ich bei flackerndem Kerzenlicht noch etwas Karten studiere, beobachte ich sie hie und da aus einem Augenwinkel und stelle fest, dass ihr nicht, aber auch gar nichts entgeht, was sich hörbar, oder für mich auch nicht, in oder um die Hütte so alles tut.

Und da tut sich wirklich allerhand. Offenbar aufgeschreckt durch mein Licht, macht sich etwelches Getier - zwar unsichtbar - bemerkbar. Einmal raschelt es im Schilfdach, oder dann huschen eilige Beinchen über die Balken, immer aufmerksam verfolgt von meiner Wächterin.

Also ganz ehrlich, so richtig unbeschwert schläft hier am ersten Abend keiner. Immer wieder schreckt man auf und meint Sachen zu hören, die es gar nicht gibt. Oder dann träumt man von Schlangen und Alligatoren, die einem auch nicht richtig pennen lassen. Dann zündet man halt zwischendurch mal wieder ein Licht an, um zu fahnden, ob auch wirklich alles in Ordnung ist.

Schon in der ersten Nacht fällt mir ein, mich doch  nach dem Verhalten der Katze zu richten. Schläft sie nämlich ruhig und zusammengerollt am Fussende des Bettes, kann man wieder die Nacht über einen fallen lassen und ruhig weiterschlafen. Sitzt sie aber aufrecht da und lauscht und blickt in eine Ecke, könnte es sich lohnen, mit einem Stecken bewaffnet nachzuschauen.

Auf meinen Rat hin halten am nächsten Tag auch andere Ausschau nach einem Büsi und machen dieses gemäss meinem Rezept zu ihrem Nachtwächter.

Der indianische Beizen-Häuptling lacht und meint anerkennend, wir seien nicht die Dümmsten!